Es gibt sie noch, die Parteien, die sich explizit zu Ehe und Familie als Grundlage der Gesellschaft bekennen. Das haben CDU/CSU, Werteunion, AfD & Co. für Familien im Angebot.

In der Familienpolitik und Bioethik wird deutlich, welches Bild der menschlichen Person, von Familie und Gesellschaft eine Partei vertritt. Hier leitet sich die konkrete Programmatik besonders unmittelbar aus den weltanschaulichen Grundlagen der jeweiligen politischen Strömung ab. Die ehemaligen Ampel-Parteien sehen die Familie als lebendes Labor für Fortschrittsexperimente: Ihr Familienbild basiert auf grenzenlosen Machbarkeitsfantasien (Abstammungsrecht, Fortpflanzungsmedizin), radikalem Individualismus (Selbstbestimmungsgesetz) und einem ausgehöhlten Begriff der Menschenwürde (Abbau des Lebensschutzes).
Die aktuell größten Oppositionsfraktionen CDU/CSU und AfD heben sich davon mit einem expliziten Bekenntnis zu Ehe und Familie als Grundlage der Gesellschaft ab. Auch die liberal-konservative WerteUnion muss hier genannt werden, auch wenn sie lediglich in Nordrhein-Westfalen zur Bundestagswahl antritt. Die NRW-Spitzenkandidatin Sylvia Pantel saß bis 2021 für die CDU im Bundestag.
„Wir stehen zum Leitbild von Ehe und Familie“, heißt es im Wahlprogramm der CDU/CSU. Die Ehe wird definiert als eine „verbindliche und auf Dauer angelegte Verbindung zweier Menschen“. Dass damit „alternative Lebensentwürfe“ bewusst nicht ausgeschlossen werden, ist pragmatisch, trägt der politischen und sozialen Realität von sogenannten Regenbogenfamilien Rechnung und anerkennt die fraglose Tatsache, dass auch Kinder, die in homosexuellen Beziehungen aufwachsen, die gleichen Ansprüche gegenüber der Politik haben wie Kinder aus heterosexuellen Beziehungen. Ein Kompromiss, der jedoch geflissentlich ignoriert, dass die Ehe gerade deswegen vom Grundgesetz geschützt wird, weil in ihr Kinder großgezogen werden. Wer alle Ehen gleichsetzt, kommt eigentlich auch nicht darum herum, anzuerkennen, dass sich Menschen auf alle möglichen Weisen Kinder beschaffen können. Und gerade hier schweigt das Programm der Christdemokraten: Themen wie Abstammungsrecht, Fortpflanzungsmedizin und Leihmutterschaft werden schlicht nicht angesprochen.
Kritik am Selbstbestimmungsgesetz
Dafür bekennen sich die Schwesterparteien zum Paragrafen 218 als einem „mühsam gefundenen gesellschaftlichen Kompromiss“, der „das Selbstbestimmungsrecht der Frau und den Schutz des ungeborenen Kindes berücksichtigt“. Ob die Aufhebung des Werbeverbots für Abtreibung wieder rückgängig gemacht werden soll und wie die CDU/CSU zu Bannmeilen um Abtreibungskliniken steht, erfährt man nicht. Dafür wollen die Christdemokraten das Selbstbestimmungsgesetz wieder abschaffen und Minderjährige vor operativen Eingriffen zur Geschlechtsumwandlung schützen. Die Sexualpädagogik der Vielfalt, die an deutschen Schulen nahezu flächendeckend die unwissenschaftliche Theorie von der Vielzahl der Geschlechter verbreitet, findet hingegen keine Erwähnung. Immerhin scheint Kanzlerkandidat Friedrich Merz in dieser Frage eindeutig Position zu beziehen. Im Fernsehduell mit Kanzler Scholz antwortete er auf die Frage, was er von Donald Trumps Entscheidung halte, nur noch zwei Geschlechter durch die US-Administration anerkennen zu lassen: „Das ist eine Entscheidung, die ich nachvollziehen kann.“
Ausgangspunkt der familienpolitischen Überlegungen der AfD ist die demografische Frage. Mit Sorge beobachtet die Partei die seit Jahrzehnten sinkende Geburtenrate und möchte mit einer „aktivierenden Familienpolitik“ für eine demografische Wende sorgen, „die nicht nur das individuelle Glück der Eltern, sondern auch unsere Kulturweitergabe sicherstellt und die Sozialsysteme stabilisiert“. Inhaltlich kann die Partei zumindest bei familienpolitischen und bioethischen Themen aus christlicher Sicht punkten. Die Familienpolitik der AfD orientiert sich am „Bild der Familie aus Vater, Mutter und Kindern“, lehnt die Genderideologie ab, sieht aber auch Unterstützung für Alleinerziehende und Patchworkfamilien vor. Eine Gefährdung von Familien sieht die AfD durch „Trans-Gender-Hype, Frühsexualisierung und ein als Kinderrechte-Aufklärung getarntes Ausspielen der Jugendlichen und Kinder gegen ihre Eltern“. Dementsprechend klar lehnt die Partei das Selbstbestimmungsgesetz und die Sexualpädagogik der Vielfalt ab. Stattdessen sollen Kinder „in der Schule zu Ehe, Partnerschaft und Familienzusammenhalt unterrichtet werden, um später stabile Familien gründen zu können“.
Den Paragrafen 218 stellt die AfD in Frage, wenn sie erklärt, Abtreibung müsse eine absolute Ausnahme bleiben: „Bei jährlich etwa 100.000 (davon nur 3.000 aufgrund kriminologischer und medizinischer Indikation) gemeldeten Abtreibungen in Deutschland ist weder das Lebensrecht der Kinder ausreichend geschützt, noch kann davon ausgegangen werden, dass die Schwangeren hinreichend über schwere Abtreibungsfolgen und über Hilfsangebote aufgeklärt wurden.“ Die Partei setzt sich für die Gewissensfreiheit von Ärzten ein, die keine Abtreibungen durchführen wollen, möchte zu einem Werbeverbot für Abtreibungen zurückkehren und lehnt Leihmutterschaft als Form von Kinderhandel ab.
Wahlfreiheit, Familiensplitting, Lastenausgleich
Sucht man nach weltanschaulichen Lücken, darf man angesichts des im AfD-Wahlprogramm verwendeten Vokabulars nach den Beweggründen für die familienpolitischen Positionen allenfalls fragen: Geht es hier in erster Linie um Wohl und Würde des Menschen oder doch mehr um den Erhalt des Staatsvolks und die Kulturweitergabe? Das eine sollte nicht gegen das andere ausgespielt werden.
Weltanschaulich eindeutig christlich positioniert sich die WerteUnion, die ihre Familienpolitik auf dem expliziten Bekenntnis zur „unantastbaren Würde des Menschen“ und dem „Wert jedes menschlichen Lebens in allen Lebensphasen bis zum natürlichen Lebensende“ aufbaut. Für die junge Partei, die sich als Alternative zur CDU/CSU, FDP und AfD sieht, sind Familie und „Ehe zwischen Mann und Frau ein starkes und nachhaltiges Leitbild, aber die individuelle Freiheit anderer Vorstellungen und Realitäten in Bezug auf Geschlecht und Beziehungen erkennen wir ausdrücklich an“. Die Partei lehnt das Selbstbestimmungsgesetz ebenso ab wie Geschlechts-OPs und Pubertätsblocker für Minderjährige, die Sexualpädagogik der Vielfalt und Genderideologie. Sie will das Werbeverbot für Abtreibungen wiedereinsetzen und spricht sich gegen Leihmutterschaft aus. Auch für die WerteUnion ist die demografische Entwicklung alarmierend: „Denn der Geburtenmangel von heute ist der Fachkräftemangel von morgen.“
Wie sehen nun die praktischen Vorschläge der einzelnen Parteien in Bezug auf die Familie aus? Die CDU/CSU will das Ehegattensplitting, welches die Grünen abschaffen wollen, „erhalten und dahingehend erweitern, dass die besonderen Belastungen von Familien mit Kindern besser ausgeglichen werden können“, teilt die CDU auf Anfrage mit. Auch sollen der Kinderfreibetrag und das Kindergeld angehoben und Letzteres künftig nach der Geburt automatisch ausgezahlt werden. Statt einer Kindergrundsicherung zielt die CDU/CSU ein digitales Portal für alle Familienleistungen an, über das Familien alle Leistungen leichter erhalten sollen. In ihrem Wahlprogramm setzen die Schwesterparteien in Bezug auf die Kinderbetreuung vor allem auf den Kita-Ausbau, wollen aber auch die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten verbessern.
Der Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung will die Partei damit Genüge getan haben: „Wenn ein Elternteil zuhause bleibt, um sich ganz der Kindererziehung zu widmen, profitiert die Familie von zahlreichen steuerlichen Vorteilen, wie etwa dem Ehegattensplitting oder auch der Anhebung der Kinderfreibeträge. Mit dem Elterngeld als zeitlich befristete Entgeltersatzleistung wurde ein Schonraum für Familien geschaffen, sich in den ersten Lebensmonaten des Kindes finanziell abgesichert ganz der Kindererziehung widmen zu können“, heißt es in der Antwort an die „Tagespost“. Zur Unterstützung der Altersvorsorge will die CDU/CSU eine Frühstart-Rente einführen. Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für junge Familien steht ebenfalls auf dem Programm.
Betreuungsgehalt und Erziehungslohn
Als Gründe für den Einbruch der Geburten identifiziert die AfD unter anderem eine Abwertung von Familienmodellen, bei denen ein Elternteil sich ganz um die Kindererziehung kümmert, eine schwere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie „kinderbezogene Mehrkosten für Wohnraum, Versorgung und Ausbildung, die bei der Bemessung von Steuern und Sozialversicherungen nur minimal ausgeglichen werden“. Neben dem Ausbau des Ehegattensplittings hin zum Familiensplitting setzt sich die Partei daher vor allem für die Herstellung von Lastengerechtigkeit für Eltern in den Sozialversicherungssystemen und für eine echte Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung ein. Letzteres soll durch ein Betreuungsgehalt für Eltern bis zum dritten Geburtstag des Kindes garantiert werden. Gleichzeitig fordert die Partei ausreichend Kindergarten- und Kitaplätze mit Vorrang für Familien, in denen beide Eltern arbeiten und für arbeitende Alleinerziehende. Zur Herstellung der Lastengerechtigkeit soll bei der Geburt jedes Kindes außerdem eine Rückzahlung von 20.000 Euro an Rentenbeiträgen oder eine entsprechende Freistellung von künftigen Zahlungen erfolgen.
Beim Thema Lastenausgleich und häusliche Kinderbetreuung sticht die Kleinpartei Ökologisch-Demokratische Partei Deutschlands positiv hervor, die in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zur Bundestagswahl antritt. Die Benachteiligung der Erziehungsarbeit bei den Rentenansprüchen destabilisiere sowohl Familien als auch das Sozialsystem und fördere Familienarmut. Daher fordert die ÖDP unter anderem die „Anerkennung der elterlichen Erziehungsarbeit durch einen Lohn, weil die Erziehung von Kindern heute der sozialen Sicherung der ganzen Gesellschaft dient und nicht nur der sozialen Absicherung der eigenen Eltern, wie das zuvor der Fall war“ und eine „Wahlfreiheit für Eltern, ob sie das Geld für die Kinderbetreuung als Lohn betrachten oder damit eine Fremdbetreuung ihrer Wahl finanzieren, statt einseitiger staatlicher Finanzierung von Kinderkrippen“.
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